Kritikfähigkeit trainieren: Wie du gelassener mit Kritik umgehst

Kritikfähigkeit ist eine Eigenschaft, die oft verlangt wird. Somit wird es besonders im Beruf, aber auch im privaten Bereich immer wichtiger, die eigene Kritikfähigkeit zu trainieren. Doch Kritik anzunehmen ist für fast jeden Menschen schwierig.

 

Warum sind die meisten Menschen nicht wirklich kritikfähig?

Auch wenn wir vom Verstand her wissen, dass Kritik lediglich eine Rückmeldung eines anderen Menschen über unser Verhalten ist, fühlen wir meist etwas ganz anderes.
Da die meisten von uns ganz tief verankert haben, dass ein Lob ein Ausdruck von Liebe und Anerkennung ist, verknüpfen wir dann Kritik automatisch mit Ablehnung.
Also wird klar, dass Kritikfähigkeit sehr viel mit unserem Selbstwertgefühl zu tun hat. Und auch mit dieser automatisierten Verknüpfung.
Anders gesagt, wenn wir uns generell geliebt und angenommen fühlen, dann sind wir auch sehr viel kritikfähiger. Dann können wir Kritik und Feedback als das annehmen, was es ist.

Ein Bestandteil von Lernen. Denn ohne Feedback können wir uns nicht weiterentwickeln.

Warum ist es unwichtig, mit welchen Verhaltensweisen du Kritik abwehrst?

Es gibt unzählige Formen, wie jemand Kritik abwehrt. Entscheidend für einen wirklich guten und souveränen Umgang mit Kritik ist lediglich dein eigenes Gefühl.

Und so kannst nur du selbst feststellen, ob du bestimmte Kritik bewusst nicht annimmst, oder ob du generell ein Problem mit dem Thema Kritik hast.

Wenn du Kritikfähigkeit trainieren willst, dann bleibe nicht auf der Oberfläche deiner Verhaltensweisen, sondern gehe tiefer, und kümmere dich um dein Selbstbewusstsein.

 

Kratzt Kritik an deinem Selbstbewusstsein?

Wenn ja, dann wirst du deine eigenen Strategien entwickelt haben, wie du diesen Schmerz möglichst umgehst.
Hier ein paar beliebte Strategien:

  • Möglichst immer alles richtig machen.
  • Kritik immer an sich “abprallen” zu lassen.
  • Den Kritiker verunglimpfen und attackieren.
  • Immer das tun, was Menschen von dir verlangen.

Doch all das sind eben nur Strategien zur Vermeidung von Schmerz. Sie führen nicht wirklich dazu, dass du Kritik als das annehmen kannst, was sie ist:

Ein Feedback für dich zum Lernen!

Was also kannst du tun, um nicht mehr in diese Taktiken flüchten zu müssen?
Du kannst dein Selbstbewusstsein stärken zu einem gesunden, ganzheitlichem Selbstbewusstsein.

Du kannst also die Chancen nutzen, die dir deine Reaktion auf Kritik gibt.

Kritikfähigkeit: Gelassen mit Kritik umgehen

Welche Schritte kannst du nun gehen, um zu einem guten Selbstwertgefühl zu kommen?

Mit diesen Schritten kannst du Schritt für Schritt deine Kritikfähigkeit trainieren und gelangst gleichzeitig zu einem stabilen Selbstwertgefühl.

1. Du kannst lernen, nicht sofort auf Kritik zu reagieren

Damit erreichst du zum einen, dass du etwas Zeit gewinnst und deine automatisierte Reaktion unterbrichst.

Denn erst wenn du das tust, kannst du im nächsten Schritt anfangen, dich anders zu verhalten. Dazu ist es durchaus hilfreich, dich in der Zeit, die du nun gewonnen hast, genauer zu beobachten.

  • Wie fühlst du dich durch die Kritik?
  • Was denkst du über dich selbst?
  • Wie bewertest du das kritisierte Verhalten?
  • Was denkst du über denjenigen, der dich kritisiert?
  • Wie bewertest du deine automatisierte Reaktion?
  • Was würdest du viel lieber tun?

Aus dem, was du dann lieber tun würdest, kannst du dein eigenes Ziel formulieren.

2. Du kannst lernen, dankbar für Kritik zu werden

Vielleicht hast du dich beim ersten Punkt gefragt, wie du das anstellen sollst. Eine sehr gute Möglichkeit, um etwas zu verändern, ist es dich einfach nur für die Kritik zu bedanken und möglicherweise zu sagen, dass du das in Ruhe durchdenken wirst.

Was passiert dabei?

  • Derjenige, der dich kritisiert hat, fühlt sich gesehen.
  • Du selbst gewinnst Zeit und kannst in der Tat in Ruhe darüber nachdenken.
  • Je mehr du dann auch wirklich Dankbarkeit fühlst, desto mehr wird dir bewusst, wie wertvoll Kritik für dich ist.

 

3. Du kannst lernen, deine Energie nicht in einen Kampf gegen den Kritiker zu verschwenden

Sobald du gelernt hast, wirklich dankbar für Kritik zu sein, brauchst du nicht mehr gegen den Kritiker zu kämpfen.

Die Energie, die du in diesen Kampf steckst, kannst du viel besser in die Analyse der Kritik und eventuelle Korrekturen, die du dir selbst als Ziel setzt, stecken.

Denn was passiert, wenn du gegen den Kritiker kämpfst?

  • Deine Beziehung zu demjenigen leidet enorm.
  • Du selbst wirst unzufrieden.
  • Du kannst dich nicht weiterentwickeln.

 

4. Du kannst lernen zu sehen, dass niedermachende, unsachliche Kritik nur etwas mit dem Kritiker selbst zu tun hat

Solltest du dazu neigen, fast jede Kritik persönlich zu nehmen und entsprechend versuchen, dich immer “richtig” zu verhalten, dann fehlt eine gesunde Form der Abgrenzung.

Du musst dann lernen, dass solche Kritik, meist mehr mit der Unzufriedenheit des anderen zu tun hat. Denn wer es nötig hat, andere durch Kritik niederzumachen, leidet meist selbst unter einem geringen Selbstwertgefühl.

Die Art der Kritik zeigt dir dann auch, ob es dem anderen wirklich an dir gelegen ist, oder ob es eher mit ihm (oder ihr) selbst zu tun hat. Denn wenn ich jemand anderen mit meiner Kritik unterstützen möchte, dann kann ich diese klar und ehrlich, aber auch mitfühlend mitteilen.

5. Du kannst lernen ungerechtfertigte Kritik abzulehnen ohne den anderen angreifen zu müssen

Wenn eine Kritik für dich selbst nicht gerechtfertigt erscheint und du auch nichts an deinem Verhalten ändern willst, dann kannst du lernen, dies entsprechend ruhig und klar zu äußern.  Das gelingt dir umso besser, je größer dein gesundes Selbstbewusstsein ist, das deine Schwächen und Fehler mit einschließt.

In jedem Fall würde ich dabei wenig Erklärungen liefern. Du kannst oder willst nichts an deinem Verhalten ändern. Das ist dein gutes Recht. Je mehr Erklärungen du lieferst, desto eher wird dein Gegenüber versuchen, diese zu entkräften. Diese Diskussion bringt aber nichts.


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6. Du kannst lernen, dich nicht sofort selbst in Frage zu stellen, wenn du kritisiert wirst

Stellst du bei Kritik häufig dich selbst in Frage? Dann leidest du zum einen an einem zu geringen Selbstwertgefühl und zudem kann es sein, dass du dich selbst für eine Person hältst, die wenig Fehler machen sollte. Vielleicht ist für dich daran Anerkennung und Liebe verknüpft.

In dem Fall braucht dieser Schritt einige Zeit. Denn es braucht Zeit und Arbeit an dir selbst, damit du deine verankerten Glaubenssätze über dich selbst loslassen kannst. Darüber hinaus kann es sehr wertvoll sein, sich mit den eigenen Schattenanteilen auseinanderzusetzen. Dabei geht es sowohl um ungeliebte Anteile, die integriert werden wollen, als auch um ungelebte Potentiale, die freigelegt werden können.

7. Du kannst lernen, dich mit deinem inneren Kritiker zu arrangieren

Häufig führst du einen Kampf gegen dich selbst. Dieser ist so ähnlich wie der gegen den tatsächlichen Kritiker. Allerdings kannst du hier auch das Verhalten des Kritikers selbst verändern. Du kannst also den inneren Kritiker dazu bringen, dich empathischer und mitfühlender zu behandeln.

Und du kannst deine Reaktion auf deinen inneren Kritiker verändern. Ich beispielsweise bedanke mich auch bei meinem inneren Kritiker für die hilfreichen Hinweise. Ich erkenne seine gute Absicht an. Auch wenn ich manchmal etwas gegen den Ton habe. Aber dadurch hat sich auch der Ton geändert, weil mein innerer Kritiker sich gesehen und gewürdigt fühlt.

Was passiert, wenn du gegen dich selbst kämpfst:

  • Deine Selbstliebe und Selbstachtung leidet
  • Dieser ständige innere Kampf erschöpft dich
  • Meist passiert auch dann eher weniger in Richtung Veränderung und echtem Wachstum

8. Du kannst lernen dir selbst mehr Wertschätzung entgegenzubringen

Je mehr du dich selbst grundsätzlich liebst und wertschätzen kannst, desto leichter ist es für dich, dich mit deinen Schwächen und Fehlern auseinanderzusetzen.

Dann wirst du nicht mehr so leicht in einen generellen Selbstzweifel fallen, sobald du kritisiert wirst.

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9. Du kannst lernen, dich mit deinen Fehlern und Schwächen auszusöhnen

Wenn du kritisiert wirst, dann wirst du zwangsläufig mit deinen eigenen Fehlern und Schwächen konfrontiert. Je empathischer du dabei mit dir selbst umgehst, desto besser wird deine Kritikfähigkeit. Denn wie bereits in Punkt 6 beschrieben, macht es keinen Sinn, gegen sich selbst zu kämpfen. Genauso wenig wie es Sinn macht, jede Kritik abzuwehren und dann gegen den Kritiker zu kämpfen. In beiden Fällen lehnst du innerlich deine eigenen Schwächen und Fehler ab.

Du brauchst nicht zu fürchten, dass du dich nicht veränderst, wenn du anfängst, deine Schwächen anzunehmen und zu akzeptieren. Im Gegenteil, erst dann wirst du genügend freie Energie haben, um wirklich an dir zu arbeiten. Also kannst du Kritik und deine eigene emotionale Reaktion darauf nutzen, um unbewusste, ungeliebte Anteile von dir zu entdecken und Stück für Stück wieder zu integrieren. Der erste Schritt in diesem Prozess ist das bewusste Erkennen und Akzeptieren.

10. Du kannst lernen dich selbst zu lieben und anzunehmen

Das ist dann der letzte Schritt hin zu einem Selbstbewusstsein, dass dich wirklich kritikfähig macht. Zusätzlich zur Integration deiner ungeliebten Anteile geht es darum, dass du dich darum kümmerst, was du glaubst. Insbesondere natürlich darum, was du über dich selbst glaubst. Denn auch hier gibt es jede Menge unbewusstes Zeug. Die blockierenden und dich begrenzenden Glaubenssätze kannst du an deiner Reaktion auf Kritik erkennen. Und so gibt dir das dann die Chance auf eine Veränderung dieser Glaubenssätze.

 

5 Gedanken zu „Kritikfähigkeit trainieren: Wie du gelassener mit Kritik umgehst

  1. Melanie Antworten

    Deine Tipps finde ich sehr gut und hilfreich. Es ist gut, zu erkennen, was sachlich ist und mir weiter hilft und gleichzeitig zu sehen, dass die Kritik nichts mit meiner Person zu tun hat, sondern letztlich immer etwas über denjenigen aussagt, der sie äußert. Danke für diesen wunderbaren Beitrag.

  2. Birgit Antworten

    Kritik ist so unglaublich interessant und wertvoll. Denn man kann sich nicht von Aussen betrachten und ist auf das ehrliche Feedback anderer Leute angewiesen, um zu einem besseren Menschen zu werden. Natürlich muss man nicht jede Kritik sofort annehmen aber es ist sehr gut, wenn man sich die Kritik erst in Ruhe ansieht und dann selbst beurteilt, ob daran etwas dran sein könnte oder nicht. Und auch, was man in seinem Verhalten ändern sollte, damit es sich ändert. Ich freue mich über Kritik und hege keinen Groll gegen die Leute, welche mich kritisieren. Eben weil ich Kritik generell als interessant und wertvoll ansehe….

  3. Gabriele Antworten

    Liebe Silke,
    ich finde die Punkte gut aufgelistet. Kritik, die auf einer wohlwollenden Beziehung basiert, ist eine der wertvollsten Geschenke, die man von einem Menschen erhalten kann. Dafür möchte ich von Herzen danken, und meine Eigenschaft einmal besonders unter die Lupe nehmen. Diese Menschen helfen mir, besser durchs Leben zu kommen und eventuell einen Weg zu korrigieren, der in ein paar Jahren unangenehme Auswirkungen hätte.
    Nachdem ich das so sehen konnte, war es mir auch gut möglich, den Unterschied zwischen konstruktiver Kritik und Abwertung fühlen. Bei einer Abwertung zieht die Person einen Nutzen aus meinen Fehlern und überhebt sich über mich.

  4. Markus Antworten

    Hallo Silke.

    Dein Artikel finde ich sehr gelungen. Er gibt einen umfassenden Überblick über das Thema. Und was ich ganz toll finde, ist, dass er einen Ausweg aufzeigt. Wir müssen nicht nicht kritikfähig bleiben. Wir können lernen kritikfähig zu werden. Das würde vielen Leuten sehr gut tun.

    Herzlichen Gruss
    Markus

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